Im Vorfeld der Regionalwahl schlagen die wichtigsten politischen Parteien Kataloniens vor, das Autonomiestatut von 1979 zu reformieren, damit Katalonien endlich seinen Platz in einem pluralistischen Spanien finden könne.
Während des Wahlkampfs verspricht José Luís Rodríguez Zapatero, Parteivorsitzender der Spanischen Sozialistischen Arbeiterpartei und zukünftiger Ministerpräsident von Spanien, dass er das neue, vom katalanischen Parlament selbst entworfene Statut unterstützen wird.
Das katalanische Parlament verabschiedet (mit Unterstützung von 120 der 135 Abgeordneten) und sendet nach Madrid einen Antrag, um das Autonomiestatut von 1979 zu reformieren, um Katalonien als Nation anzuerkennen, die Einmischung der Zentralregierung in die an die Autonomie übertragenen Verantwortungsbereiche zu verhindern, und um Katalonien die komplette Verantwortung über eine transparente und rationale Finanzierungsregelung zu übertragen. Das Gesetz muss vom Spanischen Kongress bestätigt und vom katalanischen Volk per Referendum ratifiziert werden.
Die Partei von Mariano Rajoy, der Partido Popular (Volkspartei), aus der parlamentarischen Opposition, zieht vor das spanische Verfassungsgericht, das erstaunlicherweise den Fall annimmt. Es werden bis zu vier Millionen Unterschriften gegen das Statut Kataloniens in den restlichen Teilen Spaniens gesammelt.
Beide Kammern des spanischen Parlaments debattieren und verwässern den vom katalanischen Parlament vorgeschlagenen Text. Der spanische Ministerpräsident José Luis Zapatero enttäuscht viele Bürger Kataloniens, da er sein Versprechen, das Statut so zu ratifizieren, wie es aus dem katalanischen Parlament hervorgeht, nicht erfüllt.
Obwohl es eine verwässerte Version ist, ratifizieren 73,9 Prozent der Bürger Kataloniens, die sich an dem Referendum beteiligen, den Text. Danach unterschreibt ihn der spanische König Juan Carlos I. und er tritt als spanisches Grundgesetz in Kraft. Es ist das erste Mal in der Geschichte Spaniens, dass der Spanische Staat Katalonien als „Nation“ anerkennt.
Nach vier Jahren Beratung werden vom spanischen Verfassungsgericht insgesamt 41 Artikel des Statuts mit einer Mehrheit von 6 zu 4 Stimmen neu verfasst oder neu interpretiert – größtenteils die Artikel, die sich auf Sprache, Justiz und Steuerpolitik beziehen – und somit das wichtigste Instrument der Selbstverwaltung Kataloniens geschwächt. Die Bezugnahme auf Katalonien als „Nation“ wird komplett gestrichen.
Eine Million Bürger gehen auf die Straße in Barcelona mit einer klaren Botschaft: Die Beziehung zwischen Katalonien und Spanien kann nicht von zehn Richtern hinter verschlossenen Türen entschieden werden. Trotzdem gibt es keinen Vorschlag seitens der wichtigsten spanischen Parteien, wie man das Statut wiederherstellen könnte, so wie es sowohl vom spanischen als auch vom katalanischen Parlament verabschiedet und von den Bürgern Kataloniens per Volksentscheid angenommen worden war.
Die neue Regierungsagenda ist klar: eine Rezentralisierung der an die Autonomien übertragenen Kompetenzen und eine harte Position gegenüber der Selbstbestimmung, der Kultur und der Sprache Kataloniens.
Da die spanischen Parteien nicht auf die Sorgen der katalanischen Bevölkerung reagieren, wandelt sich die Forderung der Zivilgesellschaft nach mehr Selbstverwaltung zur Forderung nach Unabhängigkeit.
Da der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy jeglichen konkreten Vorschlag in politischer und budgetärer Hinsicht ablehnt, einigen sich der katalanische Ministerpräsident Artur Mas und verschiedene katalanische Parteien darauf, eine neue Regionalwahl abzuhalten, um herauszufinden, ob tatsächlich eine bedeutende Änderung der Wahrnehmung in Bezug auf die Unabhängigkeit Kataloniens in der Gesellschaft stattgefunden hat, wie die Demonstration in Barcelona vermuten lässt.
Im neuen katalanischen Parlament unterstützen 107 der 135 Abgeordneten ein Selbstbestimmungsreferendum, weil es die beste Lösung sei, um herauszufinden, was die Mehrheit der Katalanen über die Unabhängigkeit denkt, und um die basisdemokratische Unabhängigkeitsbewegung durch die Institutionen zu kanalisieren.
Dieser Antrag wird von 104/135 Abgeordneten unterstützt, inklusive der Abgeordneten, die der regierenden Koalition und den vier Oppositionsparteien angehören. Nur zwei Parteien lehnen den Antrag ab (Partido Popular und Ciutadanos).
Die katalanische Nationalversammlung (ANC) organisiert die Protestveranstaltung nach dem Vorbild des Baltischen Wegs aus dem Jahr 1989. Zudem werden kleinere Menschenketten in mehr als 100 Städten weltweit organisiert.
Genauso wie im Vereinten Königreich bittet das katalanische Parlament die spanische Regierung, die legalen Befugnisse für das Abhalten eines Referendums zu übertragen. Bis zum heutigen Tag haben die katalanischen Institutionen mehr als 18 Mal um dieses Wahlrecht gebeten.
Die zwei größten spanischen Parteien (Partido Popular und PSOE, die Sozialistische Arbeiterpartei Spaniens) stimmen gemeinsam gegen den Antrag. Insgesamt stimmen 86 Prozent der Abgeordneten im spanischen Kongress dagegen und nur 13,5 Prozent dafür.
Man bildet ein 11 km langes „V“ für „votar“ (auf Katalanisch „wählen“) mit den Farben der katalanischen Flagge.
Da Referenden nur von der Zentralregierung abgehalten werden dürfen und diese ein Referendum zur Selbstbestimmung ablehnt, verabschiedet das katalanische Parlament ein Gesetz, das der katalanischen Regierung die Durchführung einer nicht formellen Abstimmung ermöglicht, einer sogenannten „Volksbefragung“.
Die Bürger Kataloniens sollen die Möglichkeit haben, für den Status quo, ein neues Übereinkommen mit Spanien (der Vorschlag dazu sollte von der Zentralregierung kommen) oder für die Unabhängigkeit stimmen zu können. Gemeldete Zuwanderer und junge Menschen von 16 bis 18 Jahren dürfen an der Volksbefragung teilnehmen.
In einem dringenden und nicht geplanten Plenartreffen akzeptiert das Verfassungsgericht den Antrag der spanischen Regierung und beschließt die vorläufige Aussetzung des Gesetzes zu rechtlich nicht bindenden Volksbefragungen.
Die Bürgermeister dieser Gemeinden treffen sich im katalanischen Regierungsgebäude in Barcelona, um ihre Unterstützung und Engagement für die Volksbefragung am 9. November deutlich zu machen.
Da die Durchführung der Volksbefragung blockiert ist, beschließt man als alternativen Plan die Durchführung eines öffentlichen Beteiligungsprozesses, ein Werkzeug, das schon im Autonomiestatut vorgestellt worden war, und das den Bürgern Stimmrecht zu öffentlichen Angelegenheiten durch ein Votum gibt.
Da das Gericht schon alle Möglichkeiten verboten hat, die Bürger offiziell zu ihrer Meinung zu befragen, schlägt die katalanische Regierung verschiedenen Nichtregierungsorganisationen vor, die Verantwortung für die Durchführung dieser demokratischen Abstimmung zu übernehmen.
Das Votum findet dank der Beteiligung von 30.000 Freiwilligen statt. Die internationalen Beobachter sehen dies als eine erfolgreiche Befragung unter erschwerten Umständen und Präsident Mas als letzten Schritt vor einer entscheidenden Wahl.
Er sieht die 9N-Abstimmung außerdem als ein „Scheitern des katalanischen Unabhängigkeitsprojekts, da sich zwei Drittel der berechtigten Wähler nicht beteiligten“.
Den drei katalanischen Politikern werden ziviler Ungehorsam, Veruntreuung, Machtmissbrauch und Amtsanmaßung zur Last gelegt. Sie können verurteilt, suspendiert und eingesperrt werden, weil sie die demokratische Abstimmung nicht aufhielten.
Er ist bereit, vorgezogene Regionalwahlen zu organisieren, die zu einem de facto Plebiszit für die Unabhängigkeit werden, wenn die spanische Regierung auf das Blockieren aller Alternativen besteht.
Rajoy ignoriert das Angebot eines Treffens mit dem katalanischen Präsidenten, aber versichert, dass er offen für Gespräche zu allen Themen sei mit Ausnahme denjenigen, die die „Einheit Spaniens“ beträfen.
Dies vereinbaren beide unabhängigkeitsbefürwortenden Parteien (CiU und ERC) und Vertreter der wichtigsten, für Selbstbestimmung eintretenden Bürgerorganisationen. Die spanische Regierung hat bisher alle anderen Möglichkeiten, ein offizielles Referendum abzuhalten, blockiert.
Obwohl Präsident Mas davon ausgeht, dass eine Parlamentswahl nicht die beste Lösung ist, um die Bürger über die Unabhängigkeit zu befragen, denkt er, dass es der einzige Weg ist, damit die Bürger ihre Meinung in einer rechtmäßigen Wahl ausdrücken können (die spanischen Institutionen könnten sie nur blockieren, wenn sie die Selbstverwaltung Kataloniens aufheben würden).
Eine neue Massendemonstration findet in Barcelona wenige Wochen vor der Wahl statt.
Die Parteien, die die Unabhängigkeit unterstützen, erzielen 47,8 Prozent der Stimmen, die Unionsparteien 39,1 Prozent. Die Parteien, die die Selbstbestimmung der katalanischen Bürger unterstützen ohne eine eindeutige Stellungnahme gegenüber der Unabhängigkeit einzunehmen, erhalten 13 Prozent der Stimmen.
Präsident Artur Mas gibt das Amt ab, um die Bildung einer neuen Regierung, die die Unabhängigkeit Kataloniens vertritt, zu ermöglichen. Die neue Regierung versichert, dass sie Katalonien binnen eineinhalb Jahren zur Unabhängigkeit führen wird.
Es ist das fünfte Jahr in Folge mit friedliche Massendemonstrationen. Die spanische Regierung bietet weiterhin keine politische Antwort und ignoriert die Forderung nach einem zugestimmten und bindenden Referendum.
Mehr als 400 Amtsträger werden aufgrund ihrer politischen Ideen gerichtlich verfolgt, dazu gehören die Präsidentin des Parlaments von Katalonien, Carme Forcadell, und der ehemalige Präsident der Regierung von Katalonien, Artur Mas.
Die spanische Justiz hat mehr als 400 gerichtliche Verfahren in Verbindung mit der Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien eröffnet.
Rajoy, in Absprache mit PSOE, antwortet in weniger als 24 Stunden: keine Verhandlungen über das Referendum.
Die Katalanen sind aufgerufen, die folgende Frage zu beantworten: “Wollen Sie, dass Katalonien ein unabhängiger Staat in Form einer Republik wird?”
Alle MinisterInnen der Regierung von Katalonien unterzeichnen das Dekret, das die BürgerInnen Kataloniens offiziell zu einer bindenden Abstimmung über die Unabhängigkeit Kataloniens aufruft.
Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy ignoriert die Forderung, während der Generalstaatsanwalt mehr als 700 katalanische BürgermeisterInnen vorlädt und ihnen mit der Festnahme droht, sollten sie die Durchführung des Referendums unterstützen.
Der Generalstaatsanwalt ordnet die Beschlagnahmung von Wahlurnen und von Materialien für das Referendum durch die Polizei an, nachdem das Verfassungsgericht die für den 1. Oktober angesetzte Abstimmung für illegal erklärt hatte.
Die spanischen Sicherheitskräfte Guàrdia Civil und Nationalpolizei beschlagnahmen Wahlurnen und hinterlassen 894 Verletzte bei gewaltsamen Einsätzen.
Ein Sprecher der spanischen Regierungspartei Partido Popular vergleicht den Generalstreik und die Proteste mit den „Nazis“.
Der Präsident von Katalonien, Carles Puigdemont, suspendiert vorübergehend die Umsetzung der Deklaration, um Zeit für internationale Vermittlungen und eine verhandelte Lösung zu geben.
Timeline | Catalonia’s road to selfdetermination (in English)
Chronologie | Kataloniens Weg zur Selbstbestimmung (in Deutsch)
Chronologie | Le chemin de la Catalogne vers l’autodétermination (en français)
Cronologia | Il cammino della Catalogna verso l’autodeterminazione (in italiano)
Cronología | El proceso de Cataluña hacia la autodeterminación (en español)
Cronologia | El procés de Catalunya cap a l’autodeterminació (en català)
Cronologia | O processo da Catalunha para a autodeterminação (Português)